Von Jörg Greb, Rio
Ein sportlich ungleiches Paar präsentierte rund 48 Stunden vor dem Saisonhöhepunkt in überraschend ähnlich klingender Einigkeit: Routinier Sven Riederer und Olympia-Debütant Andrea Salvisberg freuen sich auf das wichtigste Rennen des Jahres. Entspannt, gelöst geben sie sich, bereit sich selber und die Öffentlichkeit mit einer tollen Leistung zu überraschen.
Mit ganz unterschiedlichen Triathlon-Vorgeschichten treten der 35-jährige Walliseller und der achteinhalb Jahre jüngere Berner an. Bei Riederer handelt es sich um die vierte Olympia-Teilnahme, für Salvisberg um die Premiere. Letzterer ist vor zwei Jahren des Triathlons wegen in die Unterländer Gemeinde zog, um vom nationalen Trainingsstützpunkt und von Riederer zu profitieren. Der kontinuierliche Aufstieg gipfelt vorerst in der Olympia-Teilnahme.
Aufatmen bei Riederer
Die unterschiedliche Beziehung zu Olympia führt zu differierenden Formulierungen des Duos betreffend ihren Erwartungen. „Ich habe meine Form auf den Zeitpunkt hingekriegt und zähle mich zum erweiterten Favoritenkreis“, sagt Riederer, der Olympia-Dritte von 2004 und –Achte vor vier Jahren. „Ich bin vollauf zufrieden, wenn ich’s unter die besten 20 schaffe“, sagt Salvisberg. Erstaunlich tönen die Aussagen aufgrund des bisherigen Saisonverlaufs. Salvisberg war der bisher klar stärkere. Ende Mai setzte er mit dem Gewinn der Bronzemedaille an der Europameisterschaft in Lissabon ein Ausrufezeichen. Auch in der WM-Serie war er zuletzt stets vor Riederer klassiert gewesen ist.
Riederers Optimismus ist dennoch begründet und scheint berechtigt. „Ich habe gemerkt, welch enorme Energie das Codewort Olympia auszulösen vermag“, sagt er. Selber überrascht worden ist er davon – erfreulich überrascht. Lange nämlich kam er nicht wunschgemäss auf Touren. Mittelmässig bis schlechte Ergebnisse hatte er sich und der Öffentlichkeit zu erklären. Das liess ihn nicht kalt. „Zweifel und eine gewisse Ratlosigkeit machten sich breit“, sagt er. Den Fokus aufrecht zu erhalten, bereitete ihm Mühe. Umso grösser war die Erleichterung, als „es plötzlich ging, sich ein richtiger Olympia-Flow einstellte“. Im Training zeigte sich dies, aber auch in den Rennen der deutschen Bundesliga, deren Gesamtwertung Riederer gewann.
Salvisberg: vom Olympiasieger inspiriert
Mit den Augen des Olympianeulings nach Rio gereist ist Andrea Salvisberg. „Erchlüpft“ ist er nicht. Zusammen hängt dies massgeblich mit der Wahl der Unterkunft. Die Triathleten wohnen nicht im Olympischen Dorf, sondern an der Copacabana unweit ihrer Wettkampfstätte. Kurze Anfahrwege für Training und Wettkampf haben sie, und sie bekommen wenig vom Olympiarummel mit. „Sven und ich hausen zusammen in einem Appartement. Wir kochen für uns und können in der letzten Vorbereitung voneinander profitieren“, sagt Salvisberg.
Mass genommen hat der Aufsteiger in der letzten Juli- und der ersten Augustwoche an hochkarätigen Trainingspartnern. Zusammen mit Olympiasieger Alistair Brownlee und dessen Bruder und Mitfavorit Jonathan trainierte er in der Gruppe der erstgenannten Olympiafavoriten. „Unglaublich, wie viel und mit welcher Intensität die arbeiten“, sagt Salvisberg. Als exzellenter Schwimmer hofft er, beim der Auftaktdisziplin mitzuhalten und auf dem Rad in einer allenfalls sich bildenden Spitzengruppe unterzukommen. Beim Laufen bis am Schluss vorne dabei sein, das ist ihm aber klar, wird er nicht.